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Inkontinenz – es lohnt sich, darüber zu sprechen

Aktuelles und Pressemitteilungen | 16.06.2020

DR. CORDULA MÜLLER, die Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe am Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim zählt zu den Expertinnen in der Behandlung von Patientinnen, die unter Inkontinenz leiden. Aktuell nimmt sie die Welt-Kontinenz-Woche, ausgerufen von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft, zum Anlass, um auf das Thema und die Behandlungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Betroffen sind Menschen aller Generationen. Auf dem Foto erklärt Dr. Müller an einem Beckenmodell, wie ein Pessar als Hilfsmittel eingesetzt wird. Foto: Kreiskrankenhaus Bergstraße / Thomas J. Zelinger

Welt-Kontinenz-Woche - Videos statt Veranstaltung am Kreiskrankenhaus Bergstraße // Chefärztin der Gynäkologie holt das Thema aus der Tabuzone und spricht über Behandlungsmöglichkeiten // Kontinenzzentrum am Kreiskrankenhaus als Anlaufstelle

KREIS BERGSTRASSE | Juni 2020 | Es gibt Dinge, über die spricht man nicht. Jedenfalls nicht gerne. Nicht in kleiner Runde und schon gar nicht in großer Runde. Inkontinenz, Blasenschwäche, gehört dazu. Anders Dr. Cordula Müller. Sie macht das scheinbare Tabu zum Thema, ganz bewusst und in der Hoffnung, viele Menschen zu erreichen. Die Medizinerin ist Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe am Kreiskrankenhaus Bergstraße und weithin anerkannte Spezialistin in der Therapie von Inkontinenzleiden bei Frauen. Ihrer Fachabteilung an dem zum Heidelberger Universitätsklinikum gehörenden Kreiskrankenhaus in Heppenheim ist ein Kontinenz- und Beckenbodenzentrum angegliedert.

Aktuell nimmt die Gynäkologin, die Anfang Februar aus Frankfurt an die Bergstraße gewechselt ist, die Welt-Kontinenz-Woche zum Anlass, um der Thematik weiter aus der Tabuzone zu helfen. Die Kernbotschaft der Fachärztin: Es lohnt, über Blasenschwäche ganz offen zu sprechen. Denn Hilfe ist möglich. Medikamente und Hilfsmittel, Spezialtampons und Pessare zum Stützen der Harnröhre, gehören dazu und bieten Betroffenen umfassende Unterstützung und Linderung, so dass Einschränkungen im Leben sehr gut in den Griff zu bekommen sind, auch ist ein operativer Eingriff denkbar. Zudem gilt: Zurückhaltung beim Genuss von Kaffee und schwarzem Tee können ebenfalls dienlich sein. Des Weiteren ist Vorbeugen sowie eine Therapie durch Beckenbodentraining in vielen Fällen möglich. Ärzte und Physiotherapeuten arbeiten beim Thema Seite an Seite. Und weil Harninkontinenz nicht selten mit Stuhlinkontinenz einhergeht, gibt es am Kreiskrankenhaus ein enges interdisziplinäres Zusammenarbeiten mit der Chirurgie, dort mit den Proktologen. 

Wie verbreitet Harninkontinenz ist, macht Dr. Müller mit einer Zahl deutlich: Allein in Deutschland sind acht Millionen Menschen betroffen. Was auch zur Folge hat, dass der Bedarf an Windeln für Erwachsene inzwischen deutlich höher ist als der für Babys und Kleinkinder. Und wenn die Fachärztin das Motto der diesjährigen Welt-Kontinenz-Woche zitiert, „Leben statt müssen“, wird deutlich, was Kern der medizinischen Bemühungen ist: Menschen, die unter Inkontinenz leiden, soll Lebensqualität zurückgegeben werden. Nicht selten, das weiß Dr. Müller aus vielen Gesprächen mit Patientinnen, ziehen sich Betroffene mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Raus gehen, Freizeitaktivitäten, Treffen in geselligen Runden, bei alldem machen viele im Wissen um ihre Blasenschwäche zunehmend Abstriche, ziehen sich auf sich und ihr Zuhause zurück.

Inkontinenz kennt unterschiedliche Ausprägungen. Zum einen die so genannte Belastungsinkontinenz, zum anderen die Harndranginkontinenz. Auch ein Miteinander beider Formen ist möglich. Betroffen sein können Menschen aller Generationen, wobei Inkontinenz mit zunehmendem Alter vermehr auftritt. In der Gruppe der Frauen ab 45 Jahren leide ein Drittel unter Inkontinenz. Bei der Belastungsinkontinenz, mehrheitlich bei Frauen diagnostiziert, reicht manchmal schon ein Niesen oder ein Husten, um ungewollten Harnabgang zu verspüren. Gleiches kann beim Joggen oder Springen passieren. Ursache sind oft eine Bindegewebsschwäche oder auch ein Beckenboden, der an Tragfähigkeit verloren habe, erklärt Dr. Müller. Bei der Dranginkontinenz ist der Muskel der Blase hyperaktiv, Betroffene haben immer wieder das Gefühl zur Toilette zu müssen.

Ganz und gar nicht untypisch sei das Beispiel einer fünfundzwanzigjährigen zweifachen Mutter. Immer wieder habe diese gespürt, dass bei Bewegungen die Blase den Urin nicht halten kann. Die begeisterte Joggerin habe Schluss mit ihrem Sport gemacht, auch ihren Kindern hinterherrennen sei kaum noch möglich gewesen und das Tragen weißer Hosen im Sommer wurde ebenso passé. Irgendwann war der Gang zum Arzt unausweichlich. Bei der jungen Frau wurde eine Belastungsinkontinenz diagnostiziert, die Geburt der Kinder ist an Bindegewebe und Beckenboden nicht spurlos vorbeigegangen. In diesem Fall halfen die Ärzte mit einer Operation. Ein kleines Bändchen wurde locker V-artig um die Harnröhre gelegt, so dass diese bei Sprungbewegungen Halt bekommt, ein unkontrolliertes Entleeren der Blase wird so verhindert. Die Bändchenmethode sei internationaler Standard, operiert werde minimalinvasiv, erklärt Dr. Müller. Ein bis zwei Nächte müsse die Patientin anschließend noch in der Klinik bleiben, dann könne sie gewöhnlich in ein ganz normales Leben zurückkehren. Für die Spezialistin und ihr Team im Kontinenzzentrum am Kreiskrankenhaus ist die Bändchenoperation ein Routineeingriff mit sehr hoher Erfolgsquote.

Letztlich aber gilt: Die Operation ist eine Option, die Ärzte dann in die Therapieüberlegungen einbringen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft oder im jeweiligen Einzelfall nicht Erfolg versprechend sind.

 

INFOBOX

Statt Veranstaltung Videos und weitere Infos
auf eigener Internetseite des Kontinenzzentrums

Für Patientinnen, die unter Inkontinenz leiden, ist der Hausarzt oder Frauenarzt die erste Anlaufstelle. Diese können alsdann Betroffene an entsprechende Fachzentren wie das Kontinenzzentrum am Kreiskrankenhaus Bergstraße überweisen. Chefärztin (Gynäkologie und Geburtshilfe) Dr. Cordula Müller ist zertifizierte Expertin der Arbeitsgemeinschaft für urogynäkologische Beckenbodenrekonstruktion (AGUB), auch steht ihr Name für die regionale ärztliche Beratungsstelle der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Am Kreiskrankenhaus bietet das Expertenteam um Dr. Müller Kontinenzsprechstunden an mit dem Ziel, für jede Patientin die individuell bestmögliche Therapie zu finden. Die Welt-Kontinenz-Woche, die alljährlich im Juni von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft ausgerufen ist, nimmt Dr. Müller gewöhnlich zum Anlass, um bei Patientenveranstaltungen auf das Thema aufmerksam zu machen und Behandlungsmöglichkeiten zu erklären. In diesem Jahr sollte dies erstmals auch in Heppenheim so sein. Aufgrund der Einschränkungen in Folge der Coronapandemie bieten Dr. Müller und ihr Team nunmehr Vorträge via Video im Internet, abzurufen über die Internetseite des Kontinenzzentrums am Kreiskrankenhaus. Auf der Seite finden sich zudem viele weitere Informationen zum Thema.

Das Kontinenzzentrum am Kreiskrankenhaus im Internet:
www.kkh-bergstrasse.de/kontinenzzentrum

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