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„Es ist eine gegenseitig bereichernde Begegnung“

Aktuelles und Pressemitteilungen | 27.05.2025

HEPPENHEIM. Für viele Patienten ist der Weg ins Krankenhaus mit großer Aufregung verbunden: Wo muss ich hin? Was wird mit mir passieren? Werde ich wieder gesund? Oft sind nur wenige Meter nach dem Eingang die Wegbeschreibungen der Empfangsdame schon vergessen – und wenn die Patienten dann auf dem Zimmer angekommen sind, sind sie unter

Umständen allein – mit sich und ihren Gedanken. Die evangelische Pfarrerin Steffi Beckmann ist Seelsorgerin am Kreiskrankenhaus Bergstraße (KKB) und kennt das: „Die Menschen sind aufgeregt und ängstlich, kommen mit ihren Beschwerden und Erkrankungen in diese besondere Situation, in der auch Zeiten entstehen, in denen sie mit sich selbst allein sind.“ Durch die Abläufe im Krankenhaus würde ihnen ein Stück weit die Autonomie genommen – es muss weder aufgeräumt noch gekocht werden –, wodurch es Freiräume zum Nachdenken gibt. Loslassen, in dem Dinge ausgesprochen werden „Die Akutsituation ist dann oft nicht das eigentliche Problem, denn der Patient trägt andere Dinge, vielleicht schon seit Jahren, mit sich“, berichtet der katholische Pfarrer Johannes Stauder aus seiner Erfahrung mit Patienten-gesprächen. Häufig seien es familiäre Themen, die die Menschen beschäftigten: Etwa wenn der Kontakt zwischen Eltern und Kindern abgebrochen ist oder der Verlust des Partners oder eines Kindes. „Es können auch Erfahrungen sein, bei denen sich die Menschen schuldig fühlen und nicht wissen, wohin damit.“ Die Gelegenheit für ein tiefgründiges Gespräch ergebe sich oft erst beim zweiten Besuch: „Das erste Gespräch ist oft ein Abtasten. Wir haben eine Schweigepflicht, das wissen die Menschen“, sagt Beckmann. Und so kämen auch Themen ans Licht, die bewusst nicht mit Angehörigen besprochen werden sollen. „In der Gemeinde begegnet man dem Pfarrer jeden Sonntag, hier ist es eine einmalige Begegnung“, erläutert Stauder, der selbst 20 Jahre in einer Gemeinde gearbeitet hat und nun mit einer halben Stelle im KKB vertreten ist. „Die Ärzteschaft hat den fürsorglichen Blick auf die Wunde, wir auf die Seele.“ In dem Gedanken, die seit Langem im Kopf kreisen, formuliert und ausgesprochen würden, würden die „Dinge oft klarer und ein Loslassen möglich“. Ein gemeinsames Gebet oder eine in der Kapelle angezündete Kerze könne dann hilfreich sein, so Beckmann: „Man kommt so ins Tun. Ich sage dann oft: Halte es Gott hin’.“ Solche Gespräche seien nicht gleich psychotherapeutischer Natur, aber man schaue mit einem anderen Blickwinkel auf die Probleme. Es kann auch sein, dass die Seelsorger bei schweren Diagnosen dazu geholt werden: „Die Ärzte gehen nach der Besprechung weiter, aber es bleiben viele Fragen: Werde ich noch mal gesund? Wie gehe ich damit um, was sage ich der Familie?“ Mitunter werden auch ethische Themen besprochen, wenn etwa ein Behandlungsziel geändert oder eine Behandlung beendet werden soll. „Wir begleiten vom Arzt vermittelt auch das Abschiednehmen, wenn die Angehörigen den Beistand möchten“, sagt Beckmann. Für solche Fälle gibt es die zwölfstündige Rufbereitschaft am KKB: Beckmann, Stauder und der Seelsorger der Vitos- Klinik decken die Zeit von 8 bis 20 Uhr gemeinsam ab. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Konfession in aller Regel keine Rolle spielt, wenn wir angefordert werden.“ Beckmann habe auch schon muslimische Angehörige begleitet. Auch Kontakte zu entsprechenden Gemeinden könnten hergestellt werden. Mit 1,5 Stellen, finanziert von den beiden Kirchen, sei die Klinikseelsorge am KKB noch gut besetzt. Das sei nicht mehr überall der Fall. „Zum einen braucht es genügend Personal, zum anderen verringert sich auch die Zahl der Gläubigen“, erläutert Beckmann, die seit 16 Jahren Klinikseelsorgerin ist. Manche Menschen seien überrascht und fragten: „Wo ist denn ihre Gemeinde?“ Ihre Gemeinde sei das Krankenhaus, antwortet Beckmann dann: „Es ist wichtig, als Kirche dort präsent zu sein, wo die Menschen sind: Von der Geburt bis zum Sterben.“ „Es ist eine gegenseitig bereichernde Begegnung“, sagt Stauder. „Einmal segnete mich beispielsweise eine Dame im Bett auf der Intensivstation. Aber auch die schwierigen Momente, wenn jemand gestorben ist und ich spüre, dass es den Menschen guttut, in der Trauer ein Stück weiter gehen zu können. Das sind die Momente, für die ich Pfarrer geworden bin.“ Zentral sei für ihn im Gespräch die Frage, die auch Jesus stellte: „Was willst du, was soll ich dir tun?“ Denn die Heilung sei in den Menschen schon vorhanden:

„Wir spiegeln die Probleme, hören zu und bringen den Patienten auf den Weg, etwas zu ändern.“

 

Von Thomas Riedel

Zuerst erschienen im Echo: Wie Seelsorger im Kreiskrankenhaus Patienten beistehen (echo-online.de)

 

 

Der katholische Pfarrer Johannes Stauder und die evangelische Pfarrerin Steffi Beckmann sind Seelsorgeram Kreiskrankenhaus – hier vor der Buntglaswand der Krankenhauskapelle. Foto: Dagmar Jährling