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Dreifacher Gewinn für die Pflege

Aktuelles und Pressemitteilungen | 29.12.2020

Das Projektteam „Triple Win“ am KKH Bergstraße um Pflegedienstleiter Rayk Oemus kümmert sich um die Vorbereitungen zur Einreise und nimmt die neuen Kolleginnen und Kollegen aus Serbien sowie Bosnien und Herzegowina in Empfang, um mit ihnen gemeinsam alle Formalitäten zu regeln. Auch ganz persönlich steht das Team den Neuankömmlingen bei allen Fragen zur Seite. Sobald sie die Hürde der Berufsanerkennung im Laufe von maximal 12 Monaten genommen haben, bekommen die Fachkräfte ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in ihrem Wunschbereich am Klinikum angeboten. Rayk Oemus hofft, dass es dem KKH Bergstraße bis dahin gelungen ist, die neuen Kolleginnen und Kollegen in den Teams zu integrieren und sie fest an den Arbeitgeber zu binden. Foto: Kreiskrankenhaus Bergstraße

Das Projekt „Triple Win“ ermöglicht neue Wege der Personalgewinnung und sorgt für Vielfalt durch internationale Pflegeteams 

KREIS BERGSTRASSE | Dezember 2020 | Der Name ist Programm und klingt vielversprechend: Mit dem Projekt „Triple Win“ verfolgt das Kreiskrankenhaus Bergstraße derzeit einen aussichtsreichen Ansatz, ausländische Fachkräfte im Klinikum zu integrieren und dem Mangel an Pflegekräften entgegenzuwirken. Bis Ende 2021 sollen auf diesem Weg zehn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Serbien sowie Bosnien und Herzegowina gewonnen werden. Die ersten Einreisen sind für Januar 2021 geplant. Im Interview spricht der Leiter der Pflege- und Funktionsbereiche am Kreiskrankenhaus, Rayk Oemus, über das Projekt und warum es eines seiner ganz persönlichen Herzensangelegenheiten im Gesundheitswesen ist.

Warum hat sich das KKHB für das Projekt „Triple Win“ entschieden?
Rayk Oemus: Auch wir am Kreiskrankenhaus Bergstraße sehen uns – wie jede andere Einrichtung in Deutschland – mit einem erheblichen Fachkräftemangel in der Pflege konfrontiert. Der Markt ist stark begrenzt, um nicht zu sagen: Er ist leer. Bereits heute gibt es mehr offene Stellen als arbeitslose Pflegekräfte. Im Rahmen des Projekts „Triple Win“ ermöglicht die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit einen Zugang zu qualifizierten Bewerbern, die auf andere Weise in dieser Anzahl gar nicht gewonnen werden könnten. Personalrekrutierung am Kreiskrankenhaus besteht aus vielen Säulen. Eine davon ist „Triple Win“ – ein Programm, das ich aufgrund meiner Erfahrungen in Heidelberg als sehr chancenreiches und erfolgreiches Projekt kenne. 

Sie haben es gerade angedeutet: Sie waren bereits für das UKHD als Projektleiter „Triple Win“ verantwortlich. Welche Erfahrungen haben Sie dort mit dem Programm gemacht? 
Oemus: Wir haben in Heidelberg das „Triple Win“-Projekt vor drei Jahren gestartet. Darauf aufmerksam geworden bin ich durch meinen damaligen Vorgesetzten, E. Reisch, Pflegedirektor am UKHD, der auf mich zukam und sagte: „Herr Oemus, da gibt es ein Projekt namens Triple Win – das brauchen wir auch – kümmern Sie sich drum.“ Gemeinsam mit drei anderen Mitarbeitern habe ich daraufhin das Projekt am UKHD ins Leben gerufen. Meine Erfahrungen sind mehr als positiv. In Heidelberg werden insgesamt rund 200 ausgebildete Pflegekräfte aus Serbien und Bosnien-Herzegowina die Patientenversorgung am Universitätsklinikum unterstützen. Diese Zahlen allein sprechen für sich. Die Hauptarbeit leisten zwei Muttersprachlerinnen und das Konzept kann nur deshalb so erfolgreich umgesetzt werden, da alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am UKHD an einem Strang ziehen. Darüber hinaus hat „Triple Win“ für eine enorme Vielfalt in der Berufsgruppe gesorgt, da Menschen unterschiedlichster Kulturen aufeinandertreffen. Es ist ein „buntes“, also internationales Projekt, das in der Zusammenarbeit und in den Köpfen der Menschen viel bewegt. Für mich ist es zu einer persönlichen Herzensangelegenheit geworden, da ich mit meinem Team oft in den Herkunftsländern war. Auf diese Weise haben sich tolle Freundschaften und intensive Zusammenarbeiten entwickelt, die einen bereichernden Einblick in die Kulturen der beiden Länder ermöglichen. 

Gibt es Risiken? 
Oemus:
Ein Risiko besteht immer dann, wenn Menschen sich dazu entscheiden, ihre Heimat zu verlassen, und zunächst ihre Familien zurücklassen müssen. Denn erst einmal darf „nur“ die neue Pflegekraft nach Deutschland einreisen. Nach der Berufsanerkennung und mit dem Erhalt des unbefristeten Arbeitsvertrags kann dann der Familiennachzug beantragt werden. Dazu müssen noch ein paar andere Voraussetzungen erfüllt sein, wie beispielsweise eine eigene Wohnung, die groß genug für die gesamte Familie ist. Außerdem muss ein entsprechendes Gehalt nachgewiesen werden, welches die Familie ernähren kann. Die Mietpreise im Rhein-Neckar-Raum bzw. an der Bergstraße sind bekannt. Wenn dann eine Familie mit zwei oder drei Kindern ernährt werden muss, die Wohnung nachweisbar groß genug sein sollte und zusätzlich noch zu gewährleisten ist, dass man für den Unterhalt der Familie aufkommen kann, wird die Herausforderung entsprechend groß. Es wäre wünschenswert, wenn dieser Prozess generell für die Familien vereinfacht werden würde.
Ein weiteres Risiko besteht natürlich auch darin, dass die Menschen es aus emotionaler Sicht nicht schaffen, da sie in ein fremdes Land „katapultiert“ werden. Ziel des Projektes ist es zudem, die neuen Mitarbeiter an das Haus zu binden. Hier kann es natürlich passieren, dass sie an andere Häuser abwandern.

Umso wichtiger ist der Integrationsprozess, damit sie nach der Anerkennungsphase als motivierte Mitarbeiter dem Haus erhalten bleiben. 

Die neuen Arbeitskräfte kommen aus Bosnien und Herzegowina sowie Serbien. Warum hat sich das KKHB für diese beiden Länder entschieden?
Oemus:
Wir gewinnen die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Serbien sowie Bosnien und Herzegowina, da wir in Heidelberg mit diesen beiden Ländern bereits sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Dort gibt es in etwa 5000 arbeitslose Pflegekräfte und es ist überaus schwierig, eine sichere Anstellung zu bekommen. Zudem verdienen die Pflegekräfte dort durchschnittlich 350 Euro im Monat und können damit kaum ihre Familien ernähren. Indem wir die Pflegekräfte nun zu uns holen, profitieren nicht nur sie durch die Aussicht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag und nicht nur wir als Arbeitgeber durch den Gewinn von qualifiziertem Pflegepersonal, sondern auch die Herkunftsländer durch eine Entlastung ihres Arbeitsmarktes. Deshalb „Triple Win“! Ein weiterer Vorteil beider Länder: Sie sind schnell zu erreichen. Sollte also etwas mit der Familie sein, haben die neuen KollegInnen die Möglichkeit, ohne großen Aufwand in ihre Heimat zu reisen, um familiäre Angelegenheiten zu regeln. 

Welche Voraussetzungen müssen vor der Einreise erfüllt sein?
Oemus:
Die neuen Kolleginnen und Kollegen müssen in ihren Heimatländern die Ausbildung absolviert haben und ein B1 Sprachniveau vorweisen können. Zudem müssen sie alle notwendigen Unterlagen für ein Visum haben, damit sie überhaupt einreisen können. Außerdem benötigen sie einen Nachweis über den Masernschutz. Und natürlich sollten sie dann noch den Wunsch haben, nach Deutschland kommen zu wollen, um dort ein neues Leben anzufangen. Die Pflegekräfte bewerben sich daraufhin in ihren Heimatländern auf eine Stellenausschreibung von Triple Win. Danach bekommt man als Arbeitgeber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anhand anonymisierter Lebensläufe vorgeschlagen. Nachdem wir eine Auswahl getroffen haben, findet eigentlich eine Rekrutierungsreise in die Länder statt, um dort die Bewerber zu treffen, was coronabedingt dieses Jahr leider nicht möglich war. Die Bewerbungsgespräche haben wir schließlich über Skype-Interviews geführt. Nun freuen wir uns sehr auf Januar 2021, wenn die ersten neuen Kolleginnen und Kollegen zu uns nach Heppenheim kommen. 

Welche Verantwortlichkeiten hat das KKHB im Rahmen des Projekts?
Oemus:
Wir möchten als Arbeitgeber eine gelungene Integration erfüllen, so dass die neuen Kolleginnen und Kollegen dauerhaft vollwertige Teammitglieder werden. Diese Verantwortung liegt beim gesamten Kollegium hier am KKHB. Darüber hinaus gibt es natürlich auch vertragliche Voraussetzungen: Wir werden die Einreise und den Sprachkurs finanzieren. Aber das sind letztlich Nebensächlichkeiten. Die Hauptaufgabe wird sein, den Menschen eine neue Heimat zu geben und sie in der Phase ihrer Berufsanerkennung hier in Deutschland so von uns zu überzeugen, dass sie letztlich sagen: „Am KKH Bergstraße bleibe ich“. Dabei ist jeder Mitarbeiter gefragt.

Denn Integration kann nur dann gelingen, wenn sie hier vor Ort in den Teams gelingt. 


ÜBER DAS PROJEKT "TRIPLE WIN"
Triple Win ist ein Programm der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeinsam mit der GIZ, der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit. Es vermittelt Pflegekräfte aus dem Ausland an deutsche Arbeitgeber. Drei Seiten sollen dabei profitieren: der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die jeweiligen Länder, aus denen die Pflegekräfte kommen.

DAS KREISKRANKENHAUS BERGSTRASSE IM INTERNET
www.kkh-bergstrasse.de