Presse &… Presse 14.06.2022 Zu wenig…

Zu wenig Blutspenden: Interview Dr. Christoph Peter, Chefarzt der Anästhesie/ Intensivmedizin

14.06.2022

Dr. Christoph Peter, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin, im Interview mit dem Starkenburger Echo.

KREIS BERGSTRAßE - Blutprodukte retten Leben, werden derzeit aber knapp. Auch im Kreis Bergstraße trifft gerade ein steigender Blutbedarf auf eine akut sinkende Spendenbereitschaft. „Der Vorrat liegt derzeit knapp unter zwei Tagen, ideal wären fünf Tage Vorlauf“, erklärt Kerstin Schweiger vom DRK-Blutspendedienst in Hessen und Baden-Württemberg. Dieser ist für sämtliche Spendenaktionen in beiden Bundesländern verantwortlich, die meisten Krankenhäuser dort werden vom Roten Kreuz mit Konserven versorgt.

Der sinkende Bestand an Blut macht sich zum Beispiel im Kreiskrankenhaus Bergstraße (KKB) bemerkbar. Wie lange die aktuellen Reserven noch reichen, sei so genau nicht zu sagen, erklärt Dr. Christoph Peter, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin. „Bei bestimmten Blutgruppen und Antikörperkonstellationen gibt es teilweise wenig Puffer.“

Nötig sind Blutkonserven etwa bei Operationen, chronischen Blutungen oder bei Intensivtherapien, beispielsweise Krebserkrankungen. Von jetzt auf gleich kann aber im Prinzip jeder in die Lage kommen, eine Blutspende zu brauchen, nach einem schweren Unfall etwa. An jedem Werktag benötigt der DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg/Hessen rund 900 Blutspenden in Hessen und 1800 Blutspenden in Baden-Württemberg, um die Patientenversorgung in den Kliniken der Regionen lückenlos sicherzustellen. Im KKB in Heppenheim werden jährlich rund 1500 Blutkonserven verbraucht, allein dort also durchschnittlich vier am Tag.

Wenn es nicht mehr genügend passendes Spenderblut für einen Patienten gibt, muss ein Eingriff unter Umständen verschoben werden. „Es kann passieren, dass die Blutbank nach der Dringlichkeit fragt und gegebenenfalls eine OP auf den nächsten Tag verlegt wird, um somit bessere Transfusionsbedingungen zu bekommen“, so Peter. „Dies ist zum Glück die Ausnahme.“

Das Kreiskrankenhaus Bergstraße hat selbst keine eigene Blutbank, ist aber an die Blutbank Heidelberg angeschlossen. „Wir halten in Heppenheim ein Depot des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Zelltherapie vor und werden von Heidelberg versorgt.“

Die Blutbanken sind auch untereinander vernetzt und tauschen bei Bedarf Konserven aus. Dies führt dazu, dass teilweise Blutprodukte von weither per Auto geschickt werden. „Die Blutspendenzentralen haben zudem Telefonlisten von Spendern mit seltenen Blutgruppen, die sie abtelefonieren“, weiß Peter – unter Umständen werde ganz Süddeutschland abtelefoniert. Am Ende sei es immer eine Zeitfrage beziehungsweise eine Abwägungssache, „ob unter Umständen Blutprodukte, die nicht ideal kompatibel sind, mit einem höheren Risiko transfundiert werden“.

Eine Spende ergibt 500 Milliliter Blut. Daraus können drei Blutpräparate gewonnen werden. Erythrozyten-Konzentrate werden aus den roten Blutkörperchen gewonnen und zur Blutkonserve. Das Blutplasma, der flüssige Anteil des Blutes, wird zu einem eigenen Präparat, und auch die Blutplättchen (Thrombozyten) werden separat zur Behandlung eingesetzt. „Das heißt, eine Spende hilft drei Patienten“, sagt Schweiger.

Die Lagerung der Konserven ist sehr aufwendig, da Kühlketten und der Infektionsschutz eingehalten werden müssen. Zudem ist Blut nur sehr begrenzt haltbar. Blutplättchen, die beispielsweise für die Behandlung von Tumorerkrankungen benötigt werden, sind nur vier Tage einsetzbar, Erythrozyten-Konzentrate können dagegen bis zu fünf Wochen verwendet werden.

Für die akute Gefährdung der Versorgungssicherheit sind mehrere Faktoren verantwortlich. So bleibt der Bedarf aus den Kliniken anhaltend hoch, da aufgeschobene Behandlungen zusätzlich zum Normalbetrieb nachgeholt werden. Eine Reihe von Feiertagen im Mai und Juni und ein verändertes Freizeitverhalten in der Schönwetterperiode wirken sich ebenfalls auf das Blutspendeaufkommen aus. „Jetzt, wo nach den Corona-Einschränkungen das Reisen wieder möglich ist, sehen wir die Engpässe schon früher im Jahr“, bestätigt Peter.

Gleichzeitig sorgen mehr Unfälle im Freizeitbereich für einen höheren Verbrauch an Blutprodukten. „Deshalb ist es wichtig, dass in den kommenden Tagen und Wochen kontinuierlich gespendet wird und alle angebotenen Termine gut frequentiert sind, trotz Sommerzeit und Reisetätigkeit“, appelliert Schweiger.

Aktuelle Blutspendetermine im Umkreis: https://www.blutspende.de/

Der Artikel von Kerstin Schumacher erschien am 02. Juni 2022 im Starkenburegr Echo